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KEIM E+H Edition Nr. 2: Schmuttertal Gymnasium Diedorf

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ARCHITEKTUR UND RAUM Durch eine große Glastür betritt man die zweigeschossige Aula. Mit ihren beiden Pfeilerreihen zur Rechten und zur Linken, ihrem symmetrischen Satteldach und ihrem Licht, das aus den „Seitenschiffen“ eindringt, weckt sie Assoziationen an eine Basilika und strahlt eine gewisse Würde und Ruhe aus. Wer will, kann sich von den dicht stehenden Holzstützen auch an einen Wald erinnert fühlen. Erklärte Absicht des Planungsteams war jedoch, durch die enge Stellung der Pfeiler ihren Querschnitt zu minimieren und ihnen eine besonders schlanke, elegante Proportion zu geben. Über einen kurzen verglasten Verbindungsgang geht es weiter in die beiden Klassenhäuser, deren Grundriss in Schichten organisiert ist. Im Erdgeschoss liegen jeweils an der Fassade die Fachräume für Kunst und Naturwissenschaften, während die Dunkelzone in der Gebäudemitte von Nebenräumen, etwa für Materialsammlungen, eingenommen wird. In den beiden oberen Geschossen entfalten sich die Lernlandschaften. Die Klassenzimmer einer Jahrgangstufe gruppieren sich um je einen großzügigen „Marktplatz“ als Ersatz für die früher üblichen Flure. Hier laden Sofas, Computer, Pinnwände und vieles mehr zum selbständigen Lernen ein. Pro Stockwerk gibt es zwei dieser Lernlandschaften. Während die Klassenzimmer an der Nord- und Südfassade angeordnet sind, liegen die Marktplätze in der Gebäudemitte und werden von oben erhellt – über Lufträume scheint das Tageslicht tief ins Gebäude. Eine gemeinsame Garderobe, ein kleiner Lehrerraum und eine Sanitäreinheit komplettieren die Etage. Die direkte Zuordnung der Toiletten zu den einzelnen Jahrgangsstufen fördert einen pfleglichen Umgang der Schüler mit diesen Anlagen. Den Übergang zwischen Klassenzimmer und Marktplatz bildet eine raumhaltige Wand. Sie nimmt nicht nur Regale, Schränke und Waschbecken auf, sondern auch die umfangreiche Haustechnik, die das Gebäude mit frischer Luft versorgt. Die Türen stehen meist offen, wenn die Schüler individuell oder in Kleingruppen arbeiten und sich über die Räume verteilen; große Glasflächen gestatten Durchblicke und erleichtern dem Lehrer die Aufsicht. Die Einbauten folgen dem Rhythmus der Tragstruktur, im Zusammenspiel entsteht eine gestalterische Einheit aus Holz. In den Klassenzimmern sucht man vergeblich nach den altbekannten Schulbänken für je zwei Kinder. Stattdessen ermöglichen kleine, leichte Einzeltische auf Rollen, den Raum in kürzester Zeit umzumöblieren, je nachdem, welche Art des Unterrichts der Lehrer gerade wählt. Denn ein mehrfacher Wechsel der Lernformen pro Stunde gehört zum Konzept. In Diedorf gibt es für diesen pädagogischen Ansatz endlich genug Platz. Was beim Durchschreiten der Räume auffällt, ist die gute Luft: weder staubig, noch stickig, kein Hauch von Bohnerwachs oder anderen Ausdünstungen. Das liegt nicht nur an der Lüftungsanlage, die fleißig ihren Dienst verrichtet, sondern auch an dem großen Aufwand, der bei der Auswahl der Baustoffe betrieben wurde: Alle Materialien mussten strengsten baubiologischen Anforderungen genügen, mehr als 500 Produkte wurden vor dem Einbau genau geprüft. Überhaupt verfolgte man einen hohen ökologischen Anspruch. Die hochgedämmten Gebäude sind so sparsam im Betrieb, dass die Photovoltaikanlage auf den Dächern ausreicht, mehr Primärenergie zu erzeugen, als in der ganzen Schule verbraucht wird. Somit ist das Schmuttertal- Gymnasium eine Plus-Energie-Schule, übrigens eine der ersten in Deutschland. 15

ERHALTEN UND GESTALTEN