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KEIM E+H Nr. 1: Farbe als Gestaltungsmittel im Schaffen von Bruno Taut

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2 3 Bruno Tauts farbige Architektur Bruno Taut: Meister des farbigen Bauens Heiterkeit und Lebensfreude Bruno Tauts farbige Architektur 4 6 10 12 14 erhalten & gestalten Hohe Qualität und tragbare Kosten: Wohnanlage Paul- Heyse-Straße Die Gartenstadt Falkenberg Das Wohnhaus von Bruno Taut Wohnblock an der Trierer Straße Interview mit Winfried Brenne 15 Bruno Tauts Bauten in Berlin 16 KEIMFARBEN IMPRESSUM „erhalten & gestalten“ Herausgeber: KEIMFARBEN GmbH & Co. KG, Keimstraße 16, 86420 Diedorf, www.keimfarben.de Verlag und Redaktion: mk Fachverlag für Kundenmagazine, M. Kießling e.K., Johannes-Haag-Str. 3, 86153 Augsburg, Freie Mitarbeit: Gabriele Betz Bildnachweise: mk, KEIMFARBEN, Brenne Architekten, Gräfe + Unzer Er war einer der produktivsten Siedlungsbauer der Zwischenkriegszeit. Unter seiner Leitung entstanden zahlreiche, vornehmlich genossenschaftliche, Wohnanlagen in Berlin und Magdeburg. Bruno Taut gab dem großstädtischen Siedlungsbau wichtige reformerische Impulse und stellte die soziale Verantwortung des Architekten in das Zentrum seines Schaffens. Taut beschritt damals einen Weg zwischen der Avantgarde und dem konservativen Bauen. Nicht der von den Vertretern der Moderne propagierte, aber letztlich Utopie bleibende »neue Mensch« war das Maß Tauts, sondern der einfache Stadtbewohner mit seinen alltäglichen Bedürfnissen. Taut versuchte, den Menschen, die wenige Jahre zuvor noch in schrecklichen Mietskasernen hausten, ein ansprechendes, menschenwürdiges und funktionales Wohnumfeld zu geben, oder, in eigenen Worten: »(…) Wohnungsbauten, die keine Künstlerlaune darstellen, sondern ehrliche und gesunde Erscheinungen, klare Hüllen ihres Inhalts sind.« Und Bruno Taut war auch ein politischer Architekt: Sein Streben galt einer »neuen Volkskultur«, einer egalitären Gesellschaft, geprägt von Lebensfreude und Heiterkeit. Wie kein anderer Architekt seiner Zeit nutzte Taut die Farbe als identitätsstiftendes und belebendes Medium – und auch als Mittel, sich gegenüber dem bürgerlichen Bauen abzugrenzen, das sich geradezu vor der Farbe fürchtete. »Da alles seine Farbe hat, muss auch alles, was Menschen tun, farbig gestaltet sein«, so Bruno Taut. Sorgte er schon mit seinem »Aufruf zum farbigen Bauen« des Jahres 1920 für Wirbel, so tat er es noch viel mehr mit seinen von starken Farben und Kontrasten geprägten Bauten, die er allesamt mit Keimschen Mineralfarben realisierte. Inzwischen wird das bauliche Erbe Bruno Tauts systematisch aufgearbeitet – eine zentrale Person ist Winfried Brenne, der mit seinem Kollegen Helge Pitz 1977 die Wiederherstellung der Siedlung »Onkel Toms Hütte« in Berlin-Zehlendorf initiierte. Mittlerweile hat Winfried Brenne nicht nur ein umfassendes Archiv von Quellen und Befunden angelegt, sondern auch zahlreiche Sanierungen geleitet. Zunächst im Westen Berlins, dann – nach der Wende – schwerpunktmäßig im Osten der Stadt und in Magdeburg. Stets dabei: Keimsche Mineralfarben für eine material-, denkmal- und farbgerechte Sanierung. Diese Ausgabe von erhalten & gestalten widmet sich ganz den Farben Bruno Tauts, präsentiert herausragende Objekte aus Berlin und stellt den Taut- Experten Winfried Brenne vor. 2

Ziel war immer die genossenschaftlich organisierte Siedlung, eine sozialistische Lebensform, frei von jeglichen Herrschaftsansprüchen. Dieser Grundgedanke wurde zum eigentlichen stilbildenden Faktor in seinem Werk. Bruno Taut – Meister des farbigen Bauens Taut, der als radikaler Künstler galt, wurde 1921 mit Hilfe der Linksparteien zum Stadtbaurat von Magdeburg gewählt. Sein zweieinhalbjähriges Wirken dort ist vor allem mit seinem Propagandafeldzug für Farbe im Stadtbild verbunden, eine Vorstufe zu seinem späteren Umgang mit der Farbe im Berliner Siedlungsbau. 1924 erhielt Taut zusammen mit Martin Wagner den Auftrag für eine ausgedehnte Wohnanlage in Berlin-Britz. Die »Hufeisensiedlung«, die ihren Namen von der hufeisenförmig angelegten Umbauung einer Senke erhielt, wurde die erste Großsiedlung Berlins. Ihrer Konzeption lag ein progressives, demokratisches Gesellschaftsmodell zu Grunde. Mit der Zehlendorfer Waldsiedlung »Onkel Toms Hütte« verwirklichte Taut seine zweite, im Endzustand 2.200 Wohnungen umfassende Großwohnanlage. Gleichzeitig markiert die Waldsiedlung mit ihrer expressiven Farbgebung den Höhepunkt der Architekturfarbigkeit im Siedlungsbau der 20er Jahre. Soziale Verantwortung und die Reform des städtischen Wohnens kennzeichnen Bruno Tauts Schaffen. Bruno Julius Florian Taut, am 4. Mai 1880 in Königsberg geboren, absolvierte nach dem Abitur eine Maurerlehre und besuchte die Lehrveranstaltungen der Königsberger Baugewerksschule. Bei Theodor Fischer, einem führenden Architekten der Süddeutschen Schule, genoss er zwischen 1904 und 1908 in Stuttgart eine Ausbildung, die ihn in vieler Hinsicht prägte. Besonders Fischers Bestrebungen, unter Berücksichtigung lokaler Traditionen identifikationsstiftende, den Historismus überwindende Bauten zu schaffen, verfestig-ten sich bei Taut zu einem Prinzip seines Schaffens. Nach Berlin zurückgekehrt, wo er zuvor bereits im Atelier des Architekten Bruno Möhring gearbeitet hatte, eröffnete er 1908 sein eigenes Büro. Auf waches Interesse stieß bei ihm die zeitgenössische Städtebaureformdiskussion, die sich vor allem an den zunächst ungebremsten Wucherungen der Berliner Mietskasernengürtel entzündet hatte. Tauts Hochbauentwürfe jener Jahre, Mietshäuser in Charlottenburg und im Tiergartenviertel (heute zerstört), sind aber noch Kompromisse – der Versuch einer Reform mit konservativen, weil von wilhelminischem Repräsentationsgeist geprägten Mitteln. 1913 begann Taut mit der Arbeit für zwei Gartenstädte, die Kolonie »Reform« in Magdeburg und Falkenberg in Berlin-Grünau. Schlagzeilen machte Taut in jener Schaffensperiode jedoch mit völlig anderen Projekten: Ausstellungspavillons für verschiedene Industriebranchen. Der bekannteste Bau, das im Auftrag der deutschen Glasindustrie erstellte Glashaus, war 1914 auf der Kölner Werkbundausstellung zu sehen. Der kleine Pavillon, überwölbt von einer Kuppel mit doppelter Verglasung, die nach innen farbige Prismen und nach außen Spiegelglas zeigte, sollte nach dem Stahl nun das Glas als Baumaterial der Zukunft publik machen. Leidenschaftlich nahm Taut, der den Ersten Weltkrieg zutiefst abgelehnt hatte, mit Aktionen und Publikationen an den geistig-kulturellen Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit teil. Aus dem Bewusstsein seiner sozialen Verantwortung heraus versuchte er, den Auftrag der Gesellschaft an den Architekten neu zu formulieren. Ausgangspunkt seiner Schriften, sei es »Alpine Architektur« (1919) oder »Die Stadtkrone« (1919), war ausnahmslos der unhaltbare Status quo der Städte, die hygienischen Missstände, die sozialen Ungerechtigkeiten der kapitalistischen Stadt. Das zunehmend reaktionäre politische Klima vertrieb Taut aus Deutschland. Er siedelte 1932 zunächst in die Sowjetunion über, ein Jahr später emigrierte er nach Japan. Doch die Zeitumstände verhinderten eine freie Tätigkeit als Architekt. 1936 geht Taut, maßgeblich von Martin Wagner unterstützt, in die Türkei, die sich damals in der Absicht, das Land zu modernisieren, aktiv um europäische Architekten bemühte. Als Leiter der Bauabteilung im Unterrichtsministerium verwirklichte er neben mehreren Schulbauten auch den Universitätsneubau der Literaturfakultät. Bruno Taut starb 1938 in seinem Haus am Bosporus. » Nur die unteren Schichten haben noch eine ähnliche Naivität und Unbefangenheit behalten wie das Kind. Das Bürgertum hingegen ist zu verbildet und verkünstelt.« erhalten & gestalten 3

ERHALTEN UND GESTALTEN