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KEIM E+H Nr. 5: Erich Mendelsohn, Hans Scharoun und Max Taut: Architektur des 20. Jahrhunderts

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substanzerhaltung ein gespräch mit christine hoh-slodczyk und helge pitz über authentizität in heutiger zeit als teil der geschichte erhalten & gestalten Seit wann widmen Sie sich explizit der Denkmalpflege? Helge Pitz: Die Auseinandersetzung mit Bruno Tauts Waldsiedlung „Onkel Toms Hütte“ in Berlin-Zehlendorf Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre brachte den ersten intensiven Kontakt mit denkmalpflegerischen Problemen. Die schleichende Veränderung der Siedlung, die selbst bei wohlmeinender Pflege der Häuser durch falsche Maßnahmen – neue Einscheibenfenster, neue Türen, Rauputz statt Glattputz, differierende Farbtöne – verheerende Folgen für das Erscheinungsbild der Siedlung hatte, veranlasste mich, den ursprünglichen Qualitäten der unter Denkmalschutz stehenden Bauten nachzuspüren und durch akribische Untersuchungen vor allem dem Farbkonzept auf die Spur zu kommen. 10 Entwickelt die Arbeit mit Baudenkmalen eine besondere Faszination? Christine Hoh- Slodczyk: Jeder Umgang mit einem Baudenkmal ist eine neue Herausforderung. Es bedeutet, sich ganz auf das Baudenkmal einzulassen, herauszuarbeiten, welches seine ihm eigenen Charakteristika sind, worin seine Qualitäten und Stärken liegen und neue Nutzungsanforderungen so einzubringen, dass das Baudenkmal keinen Schaden nimmt. In diesem Stadium muss sich der Architekt ganz zurückzunehmen, darf das Baudenkmal nicht als Projektionsfläche eigener Selbstdarstellung verstehen. Mit allem Respekt vor dem Baudenkmal sollte er aber bei Erweiterungen oder Ergänzungsbauten im Stil seiner Zeit arbeiten. Ihr bisher ehrgeizigstes und schwierigstes Projekt? Helge Pitz: Von ehrgeizig kann man nur dann sprechen, wenn man auch im schwierigsten Fall versucht, seine Arbeit am Denkmal fachlich und technisch so verantwortungsvoll wie möglich zu leisten. Das schwierigste Projekt war bisher der Einsteinturm. Wie unterscheidet sich Ihre Herangehensweise von der traditionellen Denkmalpflege? Christine Hoh- Slodczyk: In den Denkmalschutzgesetzen ist verankert, Baudenkmale „zu schützen, zu erhalten, zu pflegen und wissenschaftlich zu erforschen“. Dazu leisten wir – in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Denkmalämtern – unseren Beitrag. Insofern unterscheiden sich die Herangehensweisen nicht. „Werktreue“ ist einer Ihrer Schlüsselbegriffe, wieso? Helge Pitz: Das Wichtigste im Umgang mit Baudenkmalen ist die Substanzerhaltung als Teil der Geschichte des Baudenkmals. Die Erkennbarkeit der Geschichte eines Baudenkmals wird heute oft zugunsten eines möglichst perfekten Erscheinungsbildes aufgegeben. Wie reagieren Sie auf diesen Trend? Christine Hoh- Slodczyk: Zu einem Baudenkmal gehören nicht nur der Ort, der Grundriss, die Raumfolge, die Geschichte, dazu gehören auch die Baustoffe und die Gestaltungselemente. Man sollte Alterung und Gebrauch eines Baudenkmals weder übertünchen noch rekonstruierend überspielen, spätere Verän- derungen immer auf ihren Denkmalwert überprüfen. So sind im Putz des Einsteinturms trotz des Neuanstrichs die Spuren der Geschichte ablesbar geblieben. Und dennoch – oder gerade deshalb – hat der Turm seine künstlerische und materielle Substanz bewahrt. Welche Rolle spielt die Werktreue bei der Rekonstruktion von Anstrichen? Helge Pitz: Ohne eine klare Befundlage sollte man von so genannten rekonstruierenden Anstrichen unbedingt Abstand nehmen. Wenn die Befundlage hinsichtlich Farbmaterial und Farbton eindeutig ist, sollte man dem, soweit möglich und technisch richtig, folgen. Beeinflusst die denkmalpflegerische Arbeit auch Ihre Neubauprojekte? Helge Pitz: Die Arbeit am Baudenkmal sensibilisiert. Es ist einem immer bewusst, dass man nicht im luftleeren Raum arbeitet, sondern in einem historischen Umfeld. Dies führt jedoch nicht zur Anpassung, im Gegenteil. Es hilft aber, Situationen zu begreifen und darauf eine moderne Antwort zu finden.

geschichte muss erkennbar bleiben die „pitz & hoh – werkstatt für architektur und denkmalpflege gmbh“ setzt auf werktreue und behutsame erneuerung Die Originalfarbigkeit der Siedlung Onkel Toms Hütte gibt eine Farbaufnahme des Jahres 1930 wieder. Das Farbkonzept der 80er- Jahre des vergangenen Jahrhunderts stellt die historische Optik wieder her. Seit 1992 widmen sich die Bauhistorikerin Christine Hoh- Slodczyk und der Architekt Helge Pitz mit ihrer „Werkstatt für Architektur und Denkmalpflege GmbH“ der denkmalgerechten Instandsetzung historischer Bausubstanz des 20. Jahrhunderts. Christine Hoh-Slodczyk war zuvor Leiterin der Inventarisation des Berliner Denkmalamts, Helge Pitz betrieb mit seinem Partner Winfried Brenne ein Architekturbüro, das sich unter anderem der Wiederherstellung der Berliner Großsiedlungen von Gropius, Häring, Salvisberg, Bruno Taut, Martin Wagner und Scharoun widmete. Pitz war es auch, der – zunächst aus rein privatem Interesse – in den siebziger Jahren ausgiebige Analysen zur Farbigkeit der Zehlendorfer Siedlung Onkel Toms Hütte anstellte und damit den Grundstein für Bruno Tauts Neuentdeckung legte. In diese Zeit fällt der erste Kontakt zu Keimfarben, die als Lieferant in originalen Plänen Tauts verzeichnet waren und fortan Partner für Anstrichfragen wurden. Schon damals galt die behutsame Instandsetzung und Rückführung in den Originalzustand als Leitlinie, nach wie vor sind die Werktreue und der möglichst umfangreiche Erhalt der Originalsubstanz das Ziel aller Instandsetzungskonzepte. Denn schließlich soll auch nach der Sanierung die historische Authentizität stimmen, die Geschichte an Spuren ablesbar sein. Neben Konzepten für die Instandsetzung, für Umnutzung und Erweiterung historischer Bauten überwachen die Mitarbeiter des Büros sämtliche Maßnahmen, fertigen Gutachten und bauhistorische Forschungsberichte. Zu den herausragenden Instandsetzungsarbeiten gehören der Einsteinturm, das Haus Schminke, das Schloss Bellevue, das Rote Rathaus und das um eine Eingangshalle erweiterte Lutherhaus in Wittenberg. Kontakt: Pitz & Hoh – Werkstatt für Architektur und Denkmalpflege GmbH Rheinstr. 45 Aufg2/V 12161 Berlin Fon 030/8524700-0 Fax 030/8524700-40 info@pitz-hoh.de erhalten & gestalten 11

ERHALTEN UND GESTALTEN