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KEIM E+H Nr. 6: Walter Gropius und Alfred Arndt: Villa Auerbach in Jena

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ÜBERGREIFEND Die

ÜBERGREIFEND Die Auflösung des klassischen Raumbegriffs Als frühes Zeugnis für den Aufbruch in die Moderne und den Wagemut eines bedeutenden Architekten steht das Haus Auerbach heute unter Denkmalschutz. In seiner Entstehungszeit stellte es dagegen für viele Zeitgenossen schlichtweg eine Provokation dar. Ein Wohnhaus aus verschränkten weißen Kuben, mit Flachdach, das überforderte das Verständnis vieler, deren Wohnträume noch um Sprossenfenster und Satteldach kreisten. Ähnlich mag es mit der farbigen Ausgestaltung gewesen sein. Nur so ist es wohl zu erklären, dass mit dem Freitod der Auerbachs im Januar 1933 auch die farbige Fassung der Innenräume verloren ging. Alfred Arndt hatte die Ausgestaltung möglicherweise in Zusammenarbeit mit seinen Auftraggebern ganz auf deren Bedürfnisse zugeschnitten. Da liegt die Vermutung nahe, dass sich spätere Bewohner damit nicht mehr identifizieren konnten und die Farbigkeit schnell hinter Tapeten und neuen Anstrichen verschwinden ließen – eine Erklärung dafür, warum der Arndtsche Farbentwurf lange Zeit als nicht ausgeführt galt. Farbe und Raum Befasst man sich intensiver mit den Farbplänen für das Haus, wird schnell deutlich, dass Arndt sich mit jedem einzelnen Raum, dessen Funktion und Eigenart auseinander gesetzt hat. Jedem Raum weist er seine besondere Farbigkeit zu und orientiert sich dabei an Größen- und Lichtverhältnissen und an der Nutzung. Helles Graublau und ein Orangeton, der ins Ockerfarbene hineinspielt, sind die bestimmenden Farben im Esszimmer, das sich zusammen mit Wohn- und Arbeitszimmer im Erdgeschoss befindet. An der Südseite zieht sich das Graublau der Deckenfarbe bis zur Höhe der Schiebetür auf die Wand hinunter – ein auch in anderen Räumen wiederkehrendes Arndtsches Gestaltungsprinzip. Umgekehrt greift an der Nordseite der Ockerton der Wand in den Deckenbereich hinein. Die Absicht, die Arndt mit diesem Ineinandergreifen von Decken- und Wandbereichen verfolgte, war, das Erlebnis von „Raum“ zu intensivieren. Indem der Farbwechsel innerhalb der Flächen die Raumgrenzen scheinbar verschiebt, ist der Raum für den Betrachter nicht konturenlos, sondern geschlossener und damit deutlicher wahrnehmbar. Zugleich betrachtete Arndt die Farbe als Mittel zur Betonung der räumlichen Organsation und Struktur. Die Farbgrenzen im Esszimmer markieren auch die imaginäre Grenze, an der sich nördlicher und südlicher Kubus durchdringen und heben so die tektonische Struktur des Gebäudes hervor. Andersfarbige Türrahmen weisen auf die Funktion des Hineinund Hinausgehens hin. erhalten & gestalten 8

„Der Mensch, der bildet und baut, muss eine besondere Gestaltungssprache erlernen, um seine Vorstellungen sichtbar machen zu können.“ Walter Gropius Das Haus lebt mit seinen neuen Bewohnern, die auf die besondere Atmosphäre mit großer Umsicht reagieren. erhalten & gestalten 9

ERHALTEN UND GESTALTEN